4 Tage auf See! Die Abfahrt von Puerto Deseado war schon hart. Der Skipper meinte: tolles segeln! Eine steile Kreuzsee vor der Einfahrt in den Rio Deseado und Wind in Böen bis 10Bft. Die Wellen spülten den Skipper fast aus dem Cockpit. Aus einer Welle schoss ein Delfin und Michael bückte sich instinktiv, weil es den Anschein hatte, dass das Tier mitten auf dem Deck landet. Zum Glück hat der Tonina die Kurve bekommen und ist blitzartig wieder abgetaucht.
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hier ein Exemplar bei ruhigen Wetter |
Als wir den offenen Atlantik erreichen und die Route nach Süd-Süd-West fortsetzen, wird die See ruhiger. Auch der Wind lässt hier und da nach und wir müssen den Motor zuhilfe nehmen. Wir „feiern" den Übergang von den brüllenden Vierzigern in die Fünfziger mit einem Campari. Kurz darauf streikt der Diesel und Michael sitzt am Motorraum, um den Patienten zu untersuchen. Wir dümpeln ohne Wind in Strom und Schwell mit knapp 3 Knoten. Alles stinkt nach Diesel und der Salon sieht wieder aus wie eine Werkstatt. Nach 3 Stunden Arbeit hat Michael alles wieder im Griff und der Diesel läuft. Entwarnung! Die Nerven beruhigen sich langsam, und der Skipper hat nun eine Mütze voll Schlaf verdient.
Die Isla de los Estados hüllt sich, bei unserer Ankunft früh am Morgen, in Nebel. Wir sehen nichts und schalten das Radar ein. Damit lässt sich die Landmasse gut ausmachen und wir laufen in die Bucht Puerto Hoppner, die als bester Ankerplatz der Insel im Nautical Guide von Patagonien & Tierra del Fuego beschrieben ist. Gleich rechts in der Ecke liegt Cypraea, die in der Nacht hier Anker geworfen und 2 Landleinen ausgebracht hat. In der Bucht ist gute Sicht und wir wagen die enge Durchfahrt in die innere Bucht. Hinter einer kleinen Insel auf 6m Tiefe soll man am besten liegen. Leider wusste das auch ein anderes deutsches Schiff und blockiert mit 2 Heckleinen eine weitere Ankermöglichkeit. Würde kein Wind wehen, könnten wir es wagen, aber die enormen Fallböen machen das manövrieren hinter der Insel für uns unmöglich. So drehen wir um und versuchen neben der Cypraea unser Glück.
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am Motorraum ists schön warm |
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Puerto Hoppner innere und äussere Bay |
Leider wird das auch nichts. Der Anker hält nicht. Beim dritten Anker auf staut die Kette nicht richtig in den Kasten und ich reiße mir zu allem Überfluss eine Fingerkuppe halb ab. Irgendwie müssen wir unser Boot fest bekommen. Es ist zum junge Hunde kriegen. Das Resultat ist nicht zufriedenstellend, aber so versorgen wir erst mal meine Wunde mit SteriStrips usw. Wäre wohl was für die Nadel gewesen, aber so geht's auch. Ich nehme starke Schmerzmittel und lege mich hin. Michael versucht derweil weiter, das Boot irgendwie zu vertäuen. Aber es ist einfach zu tief hier und gegen Wind und Welle kann er nicht viel ausrichten. Nach 2 Stunden steht fest: wir rufen die argentinische Marine im Fjord nebenan über Kanal 16 und fragen Puerto Parry Radio, ob ihre Boje frei ist und wir wegen unserer misslichen Lage festmachen dürfen. Nach mehreren Versuchen endlich Antwort und ich lasse mir die nochmal bestätigen: Si boja libre! Also auf nach Puerto Parry. Sieben Meilen weit, etwa zwei Stunden Fahrt. Am Ende des Fjords liegt eine riesige Tonne, an der wir gut vertäut in einen herrlichen tiefen, sicheren Schlaf fallen.
Am folgenden Nachmittag verlegt auch Cypraea. Wir hatten über Funk mitgeteilt, dass die Tonne für mindestens drei Boote ausgerichtet ist, und wenn sie sich drüben nicht sicher fühlen, hier ist Platz genug.
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Boje der Armada Argentina in Puerto Parry |
Kaum festgemacht, ruft die Armada über Funk, wir mögen alle mit den Schiffspapieren an Land kommen. Bernard hat bereits sein Dinghi klar und wir steigen alle dort ein. Vier junge Männer in Zivil und Badelatschen erwarten uns an dem kleinen Strand, helfen beim aussteigen und Dinghi an Land heben. Wir werden in die warme Stube gebeten und mit heißem Kaffee versorgt. Ein wenig Smalltalk, Eintrag ins Gästebuch, welches seit nunmehr 32 Jahren existiert - wir sind die ersten Boote seit Ende November 2011 – und Verabschiedung mit einer Einladung zum Asado am folgenden Tag. Und... da war doch noch was.... ach ja: Schiffspapiere vorzeigen! Die Daten werden schnell auf einem losen Zettel festgehalten und alle helfen mit, uns wieder zu Wasser zu lassen.
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Bernard von SY-CYPRAEA und Michael |
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Santiago, Laurian, Regina, Catherine et Bernard |
Herrlich! Ein wunderbares Erlebnis. An den Tagen darauf lernen wir die vier jungen Männer noch besser kennen und die Insel um den Fjord herum auch. Santiago (der Chef) und Julian (das Mädchen für alles) sind mit der Crew der Cypraea schon unterwegs in den Bergen. Hector (der Mechaniker) begleitet uns später bei der Klettertour und zeigt uns professionell den besten Aufstieg. Andre (der Sanitäter) schläft. Eine knappe Stunde klettern wir den Abhang hinauf. Eine Anstrengung, die sich lohnt. Wir genießen keuchend und schwitzend den wundervollen Blick, als die anderen uns ebenso beeindruckt wie keuchend entgegen kommen. Zusammen treten wir den Rückweg an.
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Blick von ganz oben! |
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zum Essen bei der Armada |
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Die Gegend ist einmalig. Steile Felswände ragen in den Himmel, Wasserfälle schießen zu Boden ebenso wie die Fallböen, die uns am 15.01. mit Orkanstärke treffen. Gestern war hier alles friedlich, was wir gar nicht für möglich hielten: Windstille und total platte See. So konnten wir die Einladung zum essen, duschen und waschen annehmen und haben es sehr genossen.
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selbstgemachte Empanadas |
Heute ist ein Von-Bord-Kommen nicht möglich. Windstärken in Böen, die wir bisher noch nicht kannten, sog. Williwaws, zerren an ANICO und Cypraea und schubsen die Schiffe von Seite zu Seite. Die Fender haben ihre liebe Not, die beiden Boote auseinander zu halten. Auf dem Wasser bilden sich kleine, schnelle Windhosen und 50 Knoten Wind (10 Bft/schwerer Sturm) sind heute nicht selten.
Wir hoffen, dass sich nun zügig ein Wetterfenster öffnet, dass uns endlich ans Fin del Mundo weht. Bis bald in Ushuaia.
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